Ihr Lieben,
heute verschlägt es uns während unserer Expedition um die Welt der Frauen-Literatur nach
Brunei Darussalam
Nach intensiver Recherche habe ich folgendes Werk gefunden:
Rachael Ann Malai: The Cow Jumped Over The Moon: The Strange and Extraordinary Tale of a Nervous Breakdown.Oneworld Publications 2007
Rezension
Alles schien so perfekt zu sein: Die 38jährige Rachael Malai Ali heiratet in eine entzückende Familie ein. Vier Kinder bringt ihr Mann mit in die Ehe, ein gemeinsames Baby soll das Glück des Paares abrunden. Doch dann kommt ganz alles anders. Das Leben und seine immer größeren Anforderungen lassen sich nicht mehr bewältigen - schon gar nicht perfekt. Rachael isst, um sich über Frust und Überlastung hinweg zu trösten und nimmt immer mehr zu. Sie sieht sich selbst als "fette Kuh" und verliert zunehmend an Selbstvertrauen.
Atemnot und Angstzustände schleudern sie schließlich völlig aus ihrem Alltag heraus und sie wird mit Verdacht auf Herzinfarkt in ein Krankenhaus eingeliefert. Die Diagnose macht Rachael vor allem wütend. Angeblich fehlt ihr nichts - jedenfalls nicht körperlich. Dabei bekommt sie doch keine Luft, droht jede Sekunde zu sterben! Stattdessen soll sie zum Psychiater gehen - ausgerechnet sie, die doch von Seelenklempnern so gar nichts hält.
Im Folgenden erzählt die Autorin von ihren verzweifelten Versuchen, sich aus ihrer Krankheit zu befreien, die niemand wirklich zu verstehen scheint. Und natürlich geht es auch um die eigenwilligen Methoden, mit denen Angehörige und Freunde sie zu kurieren versuchen. Da ist zum Beispiel die Familie ihres Mannes, die sie durch einen Medizinmann von ihrer "Besessenheit" heilen lassen möchte oder ihre Mutter, die in Yoga die Rettung sieht. Natürlich gibt es Ärzte und Psychiater, die vor allem - in bester Absicht natürlich - auf Psychopharmaka setzen. Nach zahllosen Irr- und Umwegen gelingt es Rachael aber schließlich selbst, ihren Weg zurück ins Leben zu finden. Das Unmögliche wird wahr und die "verrückte Kuh" springt über den Mond.
Der Verlag wirbt damit, dass das Buch sowohl für Menschen geeignet sei, die an Depressionen und Angststörungen leiden, als auch für deren Familienmitglieder. Ich kann nicht beurteilen, ob das stimmt, aber für alle, die überhaupt etwas über psychische Erkrankungen erfahren möchten, kann ich es empfehlen. Die Autorin räumt nämlich sehr nachhaltig mit Vorurteilen gegenüber psychisch Kranken auf. Vielfach glauben sogar nahe Angehörige bis heute, dass die Leidenden faul, selbstsüchtig oder lebensuntüchtig seien, dass sie nicht geheilt werden wollten oder sich nur entschließen müssten, ihr Leben in den Griff zu kriegen.
Als Betroffene ermöglicht die Autorin uns Lesenden eine doppelte Sicht auf ihre Erfahrungen. Zum einen erleben wir zum Beispiel Angstzustände aus der Innensicht in ihrem vollen lähmenden Ausmaß, zum anderen reflektiert die Autorin über das, was mit ihr geschieht oder wie die Außenwelt reagiert - und das häufig mit ironischen und selbstironischen Anmerkungen. Dadurch ist das Buch nicht weniger ersthaft, aber durchaus leichter zu lesen. Und dass Malai es schließlich schafft, die Krankheit zu überwinden und darüber zu schreiben, ist sicher nicht zuletzt auch ihrem Humor zu verdanken.
Leseprobe
An dieser Stelle wurde das Ganze ziemlich merkwürdig. Nachdem ich all meine verschiedenen Symptome vor dem Yogamann heruntergerattert hatte, der übrigens - das muss ich zugeben - ein überaus mitfühlender Zuhörer war, wandte er seine gesamte Aufmerksamkeit nun meinem großen Zeh zu.
Ich muss zugeben, dass ich mich eher unwohl fühlte. Ich meine, das ist doch wirklich nicht das, was man in dieser Situation erwarten würde, oder? Plötzlich befindet sich der eigene Große Zeh im Zentrum des Interesses, dabei war ich doch wegen meiner Atemnot hierhergekommen. Was habe ich hier nicht mitgekriegt? War der Typ vielleicht ein Fußfetischist? Hatte ich etwa von einigen geheimen Chakra-Punkten bislang nocht nichts gewusst? Vieleicht liegt die Antwort all meiner Leiden ja in meinem großen Zeh? Oh Gott, ich hoffe, meine Füße müffeln nicht.
Als die Untersuchung endlich zu Ende war, lächelte Yogibär und informierte mich, dass mein Blutdruck und die Blutzirkulation in Ordnung seien. Aha! Und das hatte ihm mein Großer Zeh erzählt? Ich notierte auf meinem mentalen Merkzettel: Häufiger mal mit dem Großen Zeh in Kontakt treten, am besten täglich. "Ihr großer Zeh ist behaart!", sagte er so laut, dass der ganze Saal mithören konnte. "Haarige Zehen sind ein gutes Zeichen für die Durchblutung. Also da gibt es schon mal keine Probleme."
S.62
Facts zur Autorin
Rachael Malai Ali stammt ursprünglich aus England. Sie kam als Fünfjährige mit ihrer Mutter nach Brunei, die sich dort ein zweites Mal verheiratete. Die Autorin lebt heute mit fünf Kindern und acht Katzen in Brunei, arbeitet als Komponistin, Regisseurin und Producerin, außerdem schreibt sie TV Skripts und Theaterstücke.
Weitere Autorinnen in Brunei Darussalem
Lizzie Harwood
Jillian Lauren
Link zur Autorin
Rachael Malai Ali – YES Inspire | Magazines (wordpress.com)
Link zum Thema
Hier geht es zum Kindergedicht, von dem sich der Titel ableitet
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